Haltepunkt Kaiserweg

  

Südharzeisenbahn
Haltepunkt Kaiserweg



Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

Dieses einfache Gebäude eines einsam auf einem Plateau gelegenen Haltepunkts übt wie auch der Bahnhof Stöberhai große Faszination auf mich aus, bestärkt durch einen Beitrag in «Harzer Schmalspur-Spezialitäten» (Spezial 1/2005, Ferrook-Aril). Die allerersten Zeichnungen entstanden im Maßstab 1:22,5 anhand von Fotos von Detlev Luckmann, welche ich nach und nach verfeinerte, bis alles soweit stimmte, wie ich dachte. Pustekuchen! Erst anhand einer Kopie von einer originalen Schlussvermessungskarte konnte ich den genauen Grundriss des Haltepunkts festmachen und änderte daraufhin die Zeichnungen nochmals ab.

Wie man im Auszug der Schlussvermessungskarte erkennen kann, waren im Haltepunkt Kaiserweg ursprünglich drei Weichen vorgesehen, was aber so nie realisiert wurde, weil der betrieblich erhöhte Aufwand für das Kreuzen von Zügen in einem einfachen Haltepunkt als zu hoch bewertet wurde. Genaues weiß ich darüber nicht und beruht auf reiner Annahme!
Bei der Verfügung von lediglich einer Weiche bedeutet das, dass für Zugkreuzungen die einzige Möglichkeit darin bestand, diese betrieblich zwingende Maßnahme über das Stumpfgleis durchzuführen, welches zudem auch noch als Ladegleis genutzt wurde. Fotos von dieser Tatsache gibt es reichlich und verweise explizit auf Mittelpuffer Spezial 1/2005 Harzer Schmalspur-Spezialitäten, wo man genug Belege und Informationen finden kann. Jedenfalls ist dieser Umstand für den gestandenen Eisenbahnmodellbauer ein willkommener Anlass für viel Rangierspaß.

Ein kleines Beispiel für Zugkreuzungen im Kaiserweg
Wir stehen den T 02 aus Braunlage erwartend im Haltepunkt Kaiserweg und beobachten die Einfahrt eines Güterzuges mit Lok 56 aus Walkenried, der sofort in das Stumpfgleis zurücksetzt. Der Zugführer dieses Zuges ist jetzt kommissarischer Fahrdienstleiter und sperrt den Dienstraum im Haltepunkt auf, in dem sich ein Diensttelefon befindet, um dem zuständigen Zugleiter fernmündlich mitzuteilen, dass der Zug ins Gleis 2 umgesetzt hat und die Weiche wieder in Grundstellung liegt. Der in Kürze erwartete Gegenzug muss an der Trapeztafel halten und den Achtungspfiff geben. Ist das geschehen, kann der Zugführer (kommissarischer Fahrdienstleiter) des Zuges im Stumpfgleis dem Lokführer den Auftrag erteilen, den wartenden Gegenzug hereinzulassen. Dies geschieht, in dem der Lokführer mit der Dampfpfeife das Signal „Kommen“ gibt: lang-kurz-lang. Kurz danach rollt der Gegenzug ins Hauptgleis ein und fährt nach kurzem Aufenthalt weiter nach Walkenried. Nun rückt der Güterzug mit Lok 56 aus dem Stumpfgleis ins Hauptgleis vor und nachdem die Weiche in die Grundstellung zurückgelegt und verschlossen wurde, kann der Güterzug auftragsgemäß nach Braunlage abfahren und am Haltepunkt Kaiserweg wird es wieder sehr still.

Um nicht nur diesen Vorgang alleine vorbildrichtig nachstellen zu können, wurde von mir ein maßstäblicher Gleisplan entwickelt, damit ernsthafte Modelleisenbahner so richtig Spaß an allem haben. Für Spielbahner ist das höchstwahrscheinlich die reine Schnarchnummer, gilt es doch, alle Signal- und Fahrordnungen zu beachten, maßstäblichen Gleisbau und Modellbau exakt zu praktizieren. Dazu braucht's halt ein gerüttelt Maß an Zeit und Muse.


Haltepunkt Kaiserweg  |  Gleisplan 0m

Anhand einer Schlussvermessungskarte, die nachfolgend als nachgezeichneter Auszug dargestellt ist, habe ich den Haltepunkt Kaiserweg als Modulanlage entworfen, um das Hobby mit viel Spaß betreiben zu können. Der Plan zeigt, dass einst Zugkreuzungen eingeplant waren. Warum das nicht realisiert wurde und was mit den zwei Weichen geschehen ist, kann ich nur vermuten. Es könnte sein, dass diese 1907 beim Ausbau der Station Stöberhai eingebaut wurden, Beweise dafür habe ich allerdings nicht.


Aus der Planung ergab sich eine Gesamtlänge von 660 cm. Die Landschaftsgestaltung ist flach gehalten mit viel Gras und Gestrüpp und mit wenigen Nadelbäumen in der Nähe des Haltepunkts. Man sollte auch beim Erstellen des Unterstandes große Sorgfalt walten lassen, denn mit der Qualität des Gebäudemodells steht bzw. fällt die Wirkung der Anlage.
Alles in allem wird wenig Platz benötigt und große Bäume sollte man daher besser steckbar einbauen, wenn kein Hintergrund berücksichtigt wird, wozu ich aber rate.

Gleisplan Kaiserweg für 0m

Zum Abschluss des Themas Gleisplan Kaiserweg stelle ich eine Aufnahme von Detlev Luckmann vor, welcher diese schöne Aufnahme im September 1958 gemacht hat. Dieses Foto birgt für den ernsthaften Modelleisenbahner viel Informationen zum Gleisbau, dem T 02 mit SEH1 und dem Gebäude selbst, sodass man beim Modellbauen eigentlich keine Fehler mehr machen kann.


Von Detlev Luckmann besitze ich eine schriftliche Genehmigung, die es mir zeitlich unbegrenzt gestattet, diese Aufnahme veröffentlichen zu dürfen. Besucher meines Blogs sollten deshalb auch mein Impressum (UrhG) beachten!


Haltepunkt Kaiserweg  |  Zeichnungen 1:45

Nachdem viel Zeit ins Land gegangen ist, in welcher sich jede Menge neue Erkenntnisse ergaben, sind die aktuellen Zeichnungen auf dem allerneuesten Stand. Deshalb bin ich auch der Überzeugung, dass meine Zeichnungen so was von nah am Vorbild sind und dieses nur anhand von Originalmaßen zu widerlegen wäre. 😎

Wen es interessiert, der kann sich gerne meine Zeichnungen zum rein privaten Gebrauch downloaden und der Ausdruck sollte mit 100% erfolgen. Bei den Zeichnungen handelt es sich um reine Konstruktionszeichnungen, die Farben haben keine Spezifikation und dienen nur der optischen Trennung. Ansonsten stände jetzt das Zuschneiden von geeigneten Holzleisten für das Fachwerk (Buche) und Bretter (Ahorn) an, mehr gibt es darüber nicht zu sagen.

Haltepunkt Kaiserweg Ansicht Süd




Haltepunkt Kaiserweg Ansicht West







Haltepunkt Kaiserweg Ansicht Nord




Haltepunkt Kaiserweg Ansicht Ost




Wie ein Modell vom Haltepunkt Kaiserweg anhand meiner Zeichnungen aussehen könnte, zeigen die nachfolgenden Fotos aus der Bauphase im Maßstab 1:22,5 für Spur IIm. Im Sommer 2024 stelle ich mein neues Modell vor.


Haltepunkt Kaiserweg  |  Werdegang des ersten Modells

Die Erstellung des Modells im Maßstab 1:22,5 hatte aufgrund seiner präzisen Planung keine Probleme aufgeworfen und ist bis auf wenige Laserteile in reiner Handarbeit entstanden, wobei das Zuschneiden der Holzleisten für das Fachwerk und aller Bretter aus Ahorn 7x0,5 mm der größte Aufwand war. Mehr gibt es darüber nicht zu sagen außer: Es hat großen Spaß gemacht. Aus diesem Grund zeige ich einmal Fotos aus der damaligen Bauphase und hoffe, dass die Fotos bei allen Lesern ihren Anklang finden.

Nach dem Erstellen des Fachwerks ging es erst einmal an das Schneiden aller benötigten Leisten aus Ahorn, um das Verschalen ausführen zu können. Das Fachwerk hatte ich mit 6 mm  Depron®
aufgefüllt, um insgesamt mehr Steifigkeit zu erreichen und den Leisten eine feste Auflage zu geben.
Beim neuen Modell wird das Fachwerk vorbildmäßig offen ausgeführt!


Der Haltepunkt war an den Giebelseiten und der langen Rückseite mit an den Enden verzierten
Brettern versehen, auf denen Deckleisten aufgebracht waren., so auch bei meinem Modell.
Diese Bauteile wurden gelasert.




Nachdem alle Wände erstellt waren, erfolgte die obligatorische Stellprobe (3 Bilder).



Es ist nützlich, wenn man sich mit Figuren einen ersten Eindruck der Proportionen verschafft.


Die Innenausstattung war spartanisch gehalten, wie Zeitzeugen berichteten. Dementsprechend
wurde ein Tisch mit Telefon, ein Schlüsselkasten (Weichen- und Gleissperrenschlüssel) sowie
eine Spitzhacke und Schaufel platziert. Der Stuhl zum Tisch fehlt noch.


Auch die Nagellöcher wurden nachgebildet und den Stuhl kann man jetzt auch sehen.


Der Bau der Haltestelle war schon weit fortgeschritten und begann die Holzdecke einzuziehen,
die das Abheben der Bedachung durch Untergriff von starken Winden verhindern soll. Es fehlen
noch die umlaufenden Eck- und auch alle Deckleisten.
Nach neuesten Erkenntnissen war das aber nicht so,
sondern der Dachstuhl war offen ausgeführt,
was beim neuen Modell ebenfalls der Fall sein wird.


Als Nächstes folgte der Aufbau des Dachstuhls mit Einschalung des Daches.


Wegen seiner Konstruktion weist die Haltstelle im Dachbereich eine Verfallung auf, die für
etwas Abwechslung in der insgesamt sehr schlichten Bauweise sorgt.


Oops - da war beim Aufbau des Grundbretts etwas schiefgelaufen. Hatte ich doch glatt vergessen,
das Grundbrett gegen Feuchtigkeit zu  versiegeln. Nach dem Trocknen der aufgebrachten Paste
verzog und warf sich das Grundbrett. Glück im Unglück: Das Gebäude war noch nicht montiert.


Also das Ganze noch einmal. Der Unterbau besteht nun aus einer 20 mm Hartschaumplatte,
die mit 3 mm starkem MDF verschlossen und mit Klarlack versiegelt wurde. Kurz darauf
erfolgte der gesamte Geländeaufbau und der Unterbau blieb weiterhin absolut plan.
Nach einigen Tagen wurde das Gebäude fest mit dem Unterbau verbunden.




Ein großer Vorteil dieses Unterbaus besteht darin, dass man das Ganze herausnehmbar in die
Anlage einfügen kann. Nach einer Präsentation geht alles zurück in den hölzernen Transportkasten,
der gewährleistet, dass das „Kunstwerk“ keinen Schaden nehmen kann (3 Bilder).


Dann kam der Zeitpunkt, wo es galt, ein Entwässerungssystem zusammenzulöten, wofür
ich 0,1 mm starke Kupferbleche verwendet habe. Das Material ist walzweich und lässt sich 
problemlos verarbeiten. Zunächst galt es, alle Rinnen und Rinneneisen zu biegen und zu verlöten.


Beim Anlegen der Regenrinne wurde auch auf die richtige Reihung der Rinnenbleche und
auf die richtige Neigung der zusammengelöteten Bleche geachtet. Das heißt, dass die Bleche
dem Wasserablauf folgend aufliegen, bei diesem Gebäude von links nach rechts bzw. stets
beim Fallrohr beginnend.


Bei der Frontseite musste ein Winkelstück angefertigt werden, was ich mittels einer kleinen
Sägelehre bewerkstelligte. Links ist die Löthilfe zu sehen.


Das Zusammenlöten aller Bleche mit allen Rinneneisen machte auch ein Lötlehre erforderlich,
ansonsten ist ein Verdrehen der Bleche nicht zu vermeiden.


Verzinnen war gestern! Seit etlichen Jahren mache ich so etwas nur noch mit Zinkspray. Gut zu
erkennen sind auch die handgerollten und flächig verlöteten Fallrohre mit 2,7 mm Innendurchmesser.



Zu Prüfzwecken wurde die fertige Regenrinne am Gebäude mittels Fotoklebeband fixiert.
Das Fallrohr macht sich auch ganz gut (2 Bilder).



Die Konstruktion der Regenrinne wurde montiert und die ersten Bahnen der Dachpappe aufgeleimt,
wobei die Bahn ganz oben nur lose zu Einpasszwecken aufgelegt war (2 Bilder).


Der Abschluss der Modellbauarbeiten am Haltepunkt Kaiserweg hat sein Ende gefunden. Allerdings ist mit dem Einstellen der Fotos das Kapitel Haltepunkt Kaiserweg im Maßstab 1:22,5 noch lange nicht abgeschlossen. Sollten sich im Laufe der Zeit neue Erkenntnisse über den Haltepunkt ergeben, werden diese zuallererst zeichnerisch vorgestellt und nachfolgend auch ein komplett neues Modell gebaut.






Die «Immobilie» Haltepunkt Kaiserweg hat 2019 ein neues Zuhause gefunden. Es freut mich
außerordentlich zu wissen, dass das Modell in guten Händen eines Kenners der SHE ist. 

Zu guter Letzt
Wie bereits erwähnt, werde ich den Haltepunkt Kaiserweg noch einmal im Maßstab 1:22 für die Vitrine neu bauen, weil ich es einfach nicht schaffe, der Spur II Lebewohl zu sagen. Wenn man einmal in diesem Maßstab unterwegs war, ist es um einen geschehen.


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Legende
SHE - Südharzeisenbahn
EG - Empfangsgebäude
NG - Nebengebäude (Abort)
HP - Haltepunkt


Stand: 30. September 2023


Rekonstruktionen, Illustrationen, Zeichnungen, Fotos, Modellbau, Anlagenbau: Horst Wilhelm Bauer
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